Weltraumwetter kann die Luftfahrt auf vielfältige Art und Weise beeinträchtigen, betroffen sind vor allem die Kommunikation mit bodengestütztem oder satellitenbasiertem Funkverkehr, die Navigation, die Strahlungsbelastung (speziell in großen Flughöhen und über polaren geomagnetischen Breiten) aber auch z.B. die Radaranlagen von Flugsicherungen.
Bodengestützter Funkverkehr ist in der Luftfahrt sowohl akustisch (Radio Voice) als auch für Datentransfer (CPDLC - Controller Pilot Data Link Communication) in Verwendung. Dabei kommt die natürliche Eigenschaft der Ionosphäre zum Tragen, Radiowellen bestimmter Frequenzbereiche zu reflektieren und damit über größere Distanzen zu verbreiten, als dies infolge der Krümmung der Erdoberfläche auf direktem Wege möglich wäre. Diese Frequenzbereiche sind allerdings stark von der Elektronendichte abhängig und demnach auch Schwankungen unterworfen, die zeitweilig ein erhebliches Ausmaß erreichen. So kann sich z.B. nach einem intensiven Solar Flare auf der Tagseite der Erde (SID - Sunlit Ionospheric Disturbance) bzw. nach einem ausgeprägten Solar Proton Event vor allem über den Polkappen (PCA - Polar Cap Absorption) die Elektronendichte in der oberen und mittleren Atmosphäre so stark erhöhen, dass die Reflexion des HF/KW-Bandes jetzt häufig schon in geringeren Höhen als im Normalfall erfolgt, wodurch sich die Reichweitenqualität dieses Frequenzbereiches verschlechtert. Speziell die niedrigeren Frequenzen sind dann beeinträchtigt, werden teils sogar ausgelöscht, während andererseits VHF/UKW eine teils störende Überreichweite erzielen kann. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang aber auch die Geomagnetischen Stürme, welche zunächst einmal, u.a. durch ihre dichten inhomogenen Elektronenwolken (sporadische Es-Schichten), ebenfalls vor allem niedrigere Frequenzen beeinträchtigen („HF COM Absorption“). Speziell zum Ende solcher Stürme sind aber dann oftmals die höheren Frequenzen des HF/KW-Bandes unbrauchbar („HF COM Depression“) und es muss eine MUF (Maximum Usable Frequency) bestimmt werden.
Neben der bodengestützten ist aber auch die satellitenbasierte Kommunikation (speziell L-Band Übertragungen, 1-2 GHz, akustisch und Daten) sowie die Navigation (GNSS - Global Navigation Satellite System) von Veränderungen des Ionisationsgrades der hohen Atmosphäre erheblich betroffen. So werden die im Mikrowellenbereich abgestrahlten GPS-Signale beim Durchdringen einer vermehrt mit Elektronen angereicherten Ionosphäre vor allem während geomagnetischer Stürme spürbar verlangsamt („GNSS Delay“). Die Folge sind fehlerhafte Signallaufzeiten, die ohne geeignete Korrekturdaten ungenaue Positionsbestimmungen hervorrufen. Die Korrekturdaten werden z.B. von sogenannten Augmentation Systemen bereitgestellt, allerdings sind diese bei starken Stürmen fallweise nicht erreichbar. Zudem besteht abseits der ionosphärischen Effekte auch noch die Gefahr, dass Kommunikations- und Navigationssatelliten, welche stärker ionisierte Regionen durchqueren, Schaden erleiden oder fehlerhafte Sensordaten produzieren. Als Reaktion vergrößern Flugsicherungen in solchen Situationen fallweise die Mindestabstände zwischen Flugzeugen, um die Sicherheit des Flugverkehrs weiterhin in ausreichendem Maße zu gewährleisten. Ein spezielles Phänomen sowohl äquatornaher als auch polarer geomagnetischer Breiten ist das sporadische Auftreten von Szintillationen in Form von Amplituden- und/oder Phasenverschiebungen des GPS-Signals („GNSS Scintillation“), welche besonders in Regionen ausgeprägter räumlicher Elektronendichtegradienten häufiger vorkommen. Dabei werden einzelne GNSS-Signale so verzerrt, dass sie vom Empfänger teils nicht verarbeitet werden können, was zu Fluktuationen bis zum Signalverlust führen kann („loss-of-lock“).
Interferenzen und erheblich störendes Empfängerrauschen kann in manchen Fällen von markanten Radiowellenemissionen, welche bisweilen mit Sonneneruptionen einhergehen, verursacht werden. Diese sogenannten Solar Radio Bursts (SRBs) stellen u.a. für ATC Radaranlagen, welche im UHF-Bereich operieren (z.B. Secondary Surveillance Radar), eine Gefährdung dar, speziell bei hohen Intensitäten in den kritischen Spektralbereichen. Die Gefahr ist am größten bei Sonnenhöhen um 2-12°, also wenn das Radar direkt in die Sonne „blickt“.
Informationen über für die Luftfahrt relevante Weltraumwetterereignisse werden seit November 2019 im Anlassfall von 4 ICAO Space Weather Advisory Zentren (NOAA SWPC, PECASUS, ACFJ consortium, CRC) bereitgestellt. Die Vorhersagen mit den Intensitätsklassen “MOD” (moderate … be aware!) und “SEV” (severe … act!) sind zwar grundsätzlich schwellwertbezogen, zielen aber auf die voraussichtlichen Auswirkungen hin (“impact-based”).
Gemäß den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) in Veröffentlichung 60 hat der Rat der Europäischen Union (EU) in seiner Richtlinie 96/29/EURATOM vom 13. Mai 1996 Grundlegende Sicherheitsstandards (Basic Safety Standard - BSS), die die Exposition gegenüber natürlichen Quellen ionisierender Strahlung, einschließlich kosmischer Strahlung, als berufliche Exposition für fliegendes Personal kategorisiert. Ein Jahr später veröffentlichte die Europäische Kommission Empfehlungen zur Umsetzung des BSS, insbesondere die Empfehlung von Kontrolldosisgrenzwerten für Flugzeugbesatzungen und der Hinweis, dass Vielflieger möglicherweise auch Vorkehrungen zur Bestimmung der Dosis umsetzen. Die europäische Richtlinie aus dem Jahr 1996 wurde in Gesetze und Verordnungen vieler EU-Mitgliedstaaten aufgenommen und deren Umsetzung in Europa überwacht. Das BSS, schreibt vor, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen, wenn die effektive Dosis der Flugzeugbesatzung über 1 mSv pro Jahr liegt. Anschließend werden die folgenden vier Schutzmaßnahmen identifiziert:
- Beurteilung der Exposition der betroffenen Besatzung
- Berücksichtigung der bewerteten Exposition bei der Organisation von Arbeitsplänen im Hinblick auf die Reduzierung der Dosis der hochexponierten Besatzung.
- Die betroffenen Arbeitnehmer über die Gesundheitsrisiken zu informieren, die ihre Arbeit mit sich bringt.
- Der gleiche besondere Schutz während der Schwangerschaft gilt für weibliche Besatzungsmitglieder und andere Arbeitnehmerinnen.